Lichtbedingte Empfindlichkeiten sind häufiger verbreitet als man gemeinhin denkt. Dabei geht es nicht nur um Sonnenallergien, die auf stoffliche Einflüsse zurückzuführen sind. Das Spektrum reicht von harmlosen Hyperpigmentierungen bis hin zum anaphylaktischen Schockzustand, der allerdings eher selten ist. Man spricht von Lichtdermatosen, deren Co-Faktoren sich in drei Gruppen einteilen lassen:
Während photosensibilisierende und phototoxische Stoffe jeden betreffen können, wird für die anderen Gruppen eine Prävalenz in Form eines genetischen oder durch Krankheit erworbenen, persönlichen Faktors vorausgesetzt.
Substanzen als Auslöser
Photosensibilisierende und phototoxische Stoffe kommen überall vor und umfassen auch Substanzen in Hautpflegemitteln. Photosensibilisierungen durch UV-Filter sind beispielsweise auf die Anregung der Moleküle durch das UV-Licht zurückzuführen. Bei manchen Filtern wird die zugeführte Energie nicht schnell genug in Wärme umgewandelt. Es entstehen aggressive Radikale. Wenn die Radikale nicht durch geeignete Antioxidantien unschädlich gemacht werden, erzeugen sie im umgebenden Milieu Allergene. Bekannt sind diese Reaktionen etwa von Benzophenonen und p-Aminobenzoesäurederivaten (PABA). In manchen ätherischen Ölen entstehen durch das Zusammenspiel von Strahlung und Luftsauerstoff allergene Reaktionsprodukte, wie etwa das Ascaridol und das 1,2,4-Trihydroxymenthan aus Teebaumöl oder das Bergapten aus dem Bergamotteöl.
Ziemlich aggressiv
Die in vielen Kosmetika enthaltenen ethoxilierten Alkohole und Polyethylenglykole (PEG) bilden unter gleichen Bedingungen Peroxide, die für die Mallorca-Akne mitverantwortlich sind. Eine Vielfalt anderer Verbindungen bildet sich aus diversen Duftstoffkomponenten und halogenierten Kohlenwasserstoffen (Konservierungsstoffe, Antiseptika). Die Abietinsäure des Kolophoniumharzes - gelegentlicher Bestandteil von Mascara und Lidschatten - bildet unter UV/Sauerstoff hoch allergene Oxidationsprodukte, die auch in recyceltem Zeitungspapier vorkommen und dort zu Handekzemen führen können. Prinzipiell kann man sich natürlich vor photosensibilisierenden Kosmetikinhaltsstoffen schützen, indem man die INCI der Kosmetika vor Gebrauch aufmerksam liest und entsprechende Zusammensetzungen meidet. Dies setzt beim Verbraucher einen hohen Kenntnisstand voraus, der in der Regel nicht vorhanden ist. Selbst ein Großteil der Dermatologen ist damit überfordert. Weitere Reaktionen im Zusammenhang mit Sonnenlicht basieren auf Nahrungsmitteln. Phototoxische Furocumarine aus Zitronen- und Apfelsinenschalen erzeugen periorale Dermatiden (Mundrose). Das Hypericin des Johanniskrautöls ist für fleckenförmige Hyperpigmentierungen verantwortlich. Nach dem Verzehr von ungeschältem Buchweizen können bei Lichteinwirkung juckende Hautausschläge (Urtikaria) entstehen, die sich auf photosensibilisierende Naphthodianthron-Verbindungen zurückführen lassen, die dem Hypericin ähnlich sind. Besteht der Verdacht, dass Lebensmittelbestandteile Auslöser der Photodermatosen sind, kann ein Tagebuch helfen, insbesondere weil sich die Hauterscheinungen teils zeitverzögert zeigen.
Reaktion auf Pflanzen
Phototoxischen Ursprungs ist auch die Wiesengräserdermatitis, die durch die Übertragung von Furocumarinen (Psoralene) beim Kontakt mit Pflanzen - etwa der Herkulesstaude, dem Wiesen-Bärenklau oder dem Sellerie - ausgelöst wird. Es bilden sich Blasen, die später ausheilen und dabei eine Hyperpigmentierung hinterlassen. Charakteristisch ist die streifenförmige Anordnung der Hautausschläge, die durch die flüchtigen Berührungen und das Austreten von Pflanzensäften entstehen.
Durch Medikamente
Lichtdermatosen, die durch die orale Einnahme photosensibilisierender Arzneimittel hervorgerufen werden, sind großflächig dort zu finden, wo die Kleidung der Haut keinen Schutz bietet. Manchmal kommt es auch nur zu einem verstärkten Sonnenbrand. Informationen, welche Arzneimittel hier in Frage kommen, findet man in der Roten Liste (Verlag Rote Liste Service GmbH, Frankfurt am Main), in der alle bekannten Nebenwirkungen aufgeführt sind. Unter anderem handelt es sich um die folgenden Arzneistoffe:
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Diuretika: Thiazidderivate wie Hydrochlorothiazid
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Neuroleptika: Phenothiazine wie Chlorpromazin
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Zytostatika: Pyrimidin-Antagonisten wie Fluorouracil, Alkylantien wie Dacarbazin
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Antimalariamittel wie Chinin, Chinidin und Chloroquin
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Antibiotika: z. B. Tetracycline wie Doxycyclin und Minocyclin, die unter anderem zur Behandlung von Akne, Rosacea und perioraler Dermatitis verschrieben werden, erzeugen "Überempfindlichkeiten"
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Pflanzenextrakte wie Angelika (Engelwurz): Angelika wird als Arzneimittel oder Tee bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt. Die Photosensibilisierung wird durch Furocumarine ausgelöst.
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8-Methoxypsoralen wird gezielt zur Phototherapie der Psoriasis verwendet.
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Vitamin A-Säure und Isotretinoin (Isomer)
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Hormone
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NSAID (Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs) wie etwa Diclofenac oder Naproxen
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Sie zeigt, wie wichtig es ist, sich bei Anzeichen einer Empfindlichkeit vor jeder Arzneimitteleinnahme gründlich über Nebenwirkungen zu informieren. Neben der Roten Liste ist die DRUGDEX®-Volltextdatenbank von Thomson Reuters (USA) eine gute Quelle für detaillierte Informationen. Wie bei vielen anderen phototoxischen Reaktionen hat auch hier der Schutz vor Sonnenlicht durch Kleidung und eine Kopfbedeckung absolute Priorität. Sonnenschutzmittel bieten im Allgemeinen nur einen begrenzten Schutz, da die einzelnen Photoreaktionen durch unterschiedliche Wellenlängen des Sonnenlichts ausgelöst werden. Zum Teil liegen die verantwortlichen Wellenlängen im sichtbaren Bereich. Vorsicht ist auch beim Gebrauch von halogenierten Antiseptika geboten. Triclosan, 5-Chlor-2-(2,4-dichlorophenoxy)-phenol, bildet z. B. im Sonnenlicht halogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane auf der Haut.
Geeignete Pflege
Wenn die Lichtdermatose bereits vorhanden ist, gibt es in Bezug auf die Hautpflege nicht viele Möglichkeiten. Je nach Schaden kann anfänglich jede gewöhnliche Hautpflege ungeeignet sein. Dann muss man warten, bis die Hauterscheinungen zurückgehen. Wenn dermatologisch nichts dagegen spricht, kann man so vorgehen:
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Keine Cremes bei nässenden Ausschlägen! Mit der Hautpflege ist erst dann wieder zu beginnen, wenn sich die Hautareale trocken anfühlen. Hilfreiche Ausnahmen können wässrige Seren sein, die adstringierende (Gallussäuren), entzündungshemmende (Omega-3-, Omega-6-, Boswelliasäuren, Kamille) oder juckreizhemmende Wirkstoffe (Harnstoff, Allantoin, Fettsäureamide) enthalten.
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Beim Einsatz von Ölen, deren Triglyceride essenzielle Fettsäuren enthalten (Leinöl, Kiwikernöl, Nachtkerzenöl) haben sich nichtfettende, emulgatorfreie Nanodispersionen bewährt - gerade bei sonnenbrandähnlichen Dermatosen.
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Gegen Ende der akuten entzündlichen Phase lassen sich auch Pflegecremes verwenden. Dabei sollten Okklusivität, Duftstoffe, nicht abbaubare Emulgatoren und Konservierungsstoffe vermieden werden.
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Weitere Wirkstoffe können Aloe vera und D-Panthenol sein. Sofern keine Allergie gegen Korbblütler vorliegt, beschleunigen neben Vitamin A auch Sonnenhutextrakte die Regeneration der Haut.
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Bei Hyperpigmentierungen kann man liposomales Vitamin C-phosphat applizieren und mit einem leichten Peeling nachhelfen, die pigmentierten Hautschichten mittelfristig schneller zu entfernen. Vitamin-A-Derivate unterstützen die Zellneubildung. Während dieser Anwendungen ist die Sonnenexposition zu meiden bzw. es müssen zusätzlich geeignete Sonnenschutzpräparate appliziert werden.
Innere Ursachen
Ausgangspunkt der sogenannten sekundären Lichtdermatosen sind Stoffwechsel- und Autoimmunkrankheiten oder eine genetische Disposition. Beispiele:
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Die Mondscheinkrankheit (Xeroderma pigmentosum) wird durch einen Gendefekt verursacht. Sie ist lebensbedrohend. UV-Strahlen erzeugen hier auf der Haut Entzündungen, Keratosen und Karzinome.
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Autoimmunkrankheiten wie Lupus erythematodes haben eine Überempfindlichkeit (Photosensibilität) gegenüber Sonnenstrahlung zur Folge.
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Die erythropoetische Protoporphyrie ist eine Stoffwechselstörung, bei der die Bildung des Blutfarbstoffs Häm durch einen Enzymdefekt behindert wird. Das sich anhäufende Protoporphyrin absorbiert sichtbares Licht im Bereich von 400-410 nm. Dabei entstehen Radikale, die nach kurzer Lichtexposition zu Juckreiz und Schmerzen führen. Ein Schutz durch übliche Sonnenschutzpräparate ist meist nicht möglich, da UV-Filter in diesem Bereich so gut wie keine Wirksamkeit zeigen.
Wenn sich die Betroffenen in Räumen aufhalten, die vor entsprechenden Lichtwellenlängen schützen, ist eine normale Hautpflege möglich. In akuten Stadien kann nur die ärztliche Behandlung helfen.
Lichtdermatosen, deren auslösende Faktoren endogen und weitgehend unbekannt sind, bezeichnet man als idiopathische Lichtdermatosen. Wie die stofflich bedingten Photodermatosen werden sie den primären Lichtdermatosen zugeordnet. Zu ihnen gehören:
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Polymorphe Lichtdermatose mit unterschiedlichster Ausprägung
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Lichturtikaria: stark juckende Schwellungen bis hin zum anaphylaktischen Schock
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Aktinische Prurigo: juckende Dermatosen
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Chronische aktinische Dermatitis: entzündliche und juckende Hautareale
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Hydroa vacciniformia: Rötungen und Bläschen, die später Narben hinterlassen
Die polymorphe Lichtdermatose kommt am häufigsten vor. Neben dem Lichtschutz gilt bei den idiopathischen Lichtdermatosen für die Hautpflege das gleiche wie bei den stofflich bedingten Photodermatosen. Die Abstimmung mit dem behandelnden Dermatologen ist wichtig.
Dr. Hans Lautenschläger |