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Hautpflege vor und nach Eingriffen

 

Die begleitende Hautpflege spielt bei ästhetischen Operationen eine große Rolle. Richtig eingesetzt, hilft sie, die Regenerationsprozesse zu beschleunigen, pharmazeutische Präparate früher abzusetzen und die Resultate nachhaltig zu verbessern.

 

Die Kligman'sche Korneotherapie1 hat gezeigt, dass klinisch signifikante Wirkungen nicht nur von topischen Pharmazeutika ausgehen, sondern auch von einfachen, in der Hautpflege verwendeten Inhaltsstoffen2 - vorausgesetzt sie sind für das vorliegende Hautbild geeignet. Im Zusammenhang mit ästhetischen Operationen gibt es zwei Möglichkeiten, die Korneotherapie alias dermatologische Hautpflege zu nutzen:

  • Korneotherapie vor und nach dem Eingriff
  • Adjuvante Korneotherapie - in Ergänzung zur pharmazeutisch-topischen Behandlung

Die adjuvante Korneotherapie hat sich bei entzündlichen Hautreaktionen wie etwa Neurodermitis und Cheilitis bewährt.3

Vor dem Eingriff: Die Haut optimieren

Die Pflege mit geeigneten kosmetischen Basiscremes wenigstens 4 Wochen vor der Operation hilft, die Haut in die optimale Kondition bringen. Optimal heißt: Die Hautbarriere ist intakt, Hautfeuchte und transepidermaler Wasserverlust (TEWL) befinden sich auf physiologischem Niveau und die Eigenregeneration arbeitet ungestört. Dazu bedarf es Zusammensetzungen, die der Barriere - die hauptsächlich aus Fettsäuren, Ceramiden und Cholesterin besteht - nachempfunden sind. Unphysiologische, nicht abbaubare Emulgatoren und Paraffine passen nicht in dieses Konzept, da sie einen kontraproduktiven Auswascheffekt erzeugen oder die Eigenregeneration herunterregulieren. Mit Blick auf die maximale Reizfreiheit der Hautpflege sind allergene Hilfsstoffe, z. B. die Konservierungsstoffe, die im Anhang der Kosmetikverordnung (KVO) aufgeführt sind, sowie Duftstoffe mit ihren vielen Einzelkomponenten auszuschließen.

Wechsel von Präparaten: Die Grundlage muss stimmen

Vor und nach invasiven Eingriffen finden oft Wechsel von kosmetischen zu pharmazeutischen Präparaten und umgekehrt statt. Es liegt auf der Hand, dass sich nur die jeweiligen Wirkstoffe, aber nicht die Grundlagen ändern sollten. In der Praxis ist dies allerdings nicht ganz so einfach, da praktisch alle pharmazeutischen Grundlagen, so merkwürdig es klingt, die oben genannten physiologischen Bedingungen nicht erfüllen.4 Die dermatologische Hautpflege ist in diesen Punkten den Basiscremes der Apotheker weit voraus. Allerdings hat der Apotheker die Möglichkeit auch kosmetische Basiscremes mit pharmazeutischen Wirkstoffen einzusetzen.5 Erlaubt ist ihm das nach der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), wenn Prüfzertifikate und Vorschriften zur Identitätsprüfung vorliegen. Gesonderte Prüfzertifikate nach GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practice) sind nicht notwendig, da die Grundlagen keine pharmazeutischen Wirkstoffe nach § 11 ApBetrO darstellen.6 Es reicht daher die nach KVO vorgegebene Kosmetik-GMP.
Ein typischer Fall im Rahmen ästhetischer Eingriffe sind Nachbehandlungen mit kosmetischen Basiscremes, die pharmazeutische Antibiotika oder Antiseptika enthalten - gefolgt von Basiscremes gleicher Zusammensetzung mit kosmetisch erlaubten, essenziellen und entzündungshemmenden Omega-3- oder Omega-6-Fettsäuren. Auch 5-Lipoxygenasehemmer in Form spezieller Boswellia-Extrakte (Weihrauch) sind für diese Zwecke gut geeignet.

Nach dem Eingriff: Die Eigenregeneration fördern

Um Infektionen und Narbenbildungen so weit wie möglich zu unterdrücken und Nachbehandlungen zu verkürzen, hat die rasche Förderung der Eigenregeneration mit dermatologischer Hautpflege nach der Operation Priorität. Je nach Status der Operationswunde muss man entscheiden, ob man bereits fetthaltige Cremes wie vor dem Eingriff zur Nachbehandlung einsetzt oder besser erst mit rein wässrigen Wirkstoffkonzentraten (Seren) arbeitet. Letzteres ist vor allem dann sinnvoll, wenn noch Gewebsflüssigkeit in Randbereichen austritt. Es bieten sich dann vor allem auf Phosphatidylcholin (Hauptbestandteil der natürlichen Plasmamembranen) basierende Liposomen mit wasserlöslichen Wirkstoffen sowie wässrige Nanodispersionen mit lipophilen Wirkstoffen an. Im Einzelnen kommen folgende kosmetische Wirkstoffe infrage:

  • Adstringierende Stoffe: Hamamelisextrakt, Tannine und Gallussäurederivate
  • Anregung von Wundheilung und Barriereregeneration: D-Panthenol, Niacinamid (Vitamin B3), fettlösliche Vitamine und deren Derivate
  • Stimulierung der Kollagenbildung: Vitamin-C-phosphat, spezielle Peptide
  • Juckreizhemmende Stoffe: Harnstoff, Allantoin, langkettige Fettsäureamide wie Palmitinsäuremonoethanolamid
  • Moisturizer: Aminosäuren des NMF (Natural Moisturizing Factor) und Harnstoff

Liposomen und Nanodispersionen haben ein sehr gutes Spreitvermögen und kommen ohne diesbezügliche Hilfsstoffe aus. Aufgrund der guten Penetrations- und Permeationseigenschaften sind die Auftragsmengen gering und der Einzug schnell. Die sensorischen Eigenschaften sind wegen der wasserähnlichen Konsistenz angenehm.
Um Spannungen aus der Wundfläche zu nehmen, sollten die aufgetragenen Wirkstoffe - sobald möglich - durch Fettstoffe (Lipide) ergänzt werden. Dies kann im einfachsten Fall durch Basiscremes geschehen, die nach Einzug der Seren aufgetragen werden. Alternativ werden die Wirkstoffkonzentrate in die Basiscremes eingearbeitet.

Behandlungsabläufe anpassen

Um Wirkstoffe, deren Mischungen untereinander oder mit Basiscremes individuell und praktisch stufenlos den Bedürfnissen anzupassen, benötigt man modulare Systeme. Eine größtmögliche Kompatibilität bieten lamellare Zusammensetzungen - auch im Bereich der Basiscremes.7 Sie lassen sich vielseitig in der ästhetischen Chirurgie einsetzen, vor allem, wenn es etwa um Brustkorrekturen, Veränderung der Lippen, Gesichtsstraffungen (Facelifting) und die Entfernung von Falten oder Fettpölsterchen geht. Darüber hinaus kommen sie infrage für die Vor- und Nachsorge bei der Entfernung von Äderchen, Haaren, Hyperpigmentierungen und die Narbenbehandlung mit dem Laser; auch medizinisch indizierte, chemische Peelings gehören zu den möglichen Anwendungsbereichen.

Dem Eingriff entsprechend sind die korneotherapeutischen Abläufe anzupassen, vor allem dann, wenn sich zu den oben beschriebenen, auf die Regeneration zielenden Nachbehandlungen noch Randbedingungen gesellen:

  • Infektionen: Hierfür bietet die adjuvante Hautpflege ein ganzes Arsenal antimikrobieller Stoffe wie etwa Azelainsäure (5-Alpha-Reduktasehemmer), Clotrimazol (die antimykotische Wirkung darf in der Hautpflege nicht ausgelobt werden!), Salicylsäure, Rosmarinsäure und Betulinsäure.
  • Entzündungen: Zur Vorbeugung und Nachsorge eignen sich Alpha-Linolensäure (Lein- und Kiwiöl), Gamma-Linolensäure (Nachtkerzen- und Borretschöl), 3-Acetyl-11-keto-β-Boswelliasäure (5-Lipoxygenase-Hemmer aus Weihrauch-Extrakten), α-Bisabolol (Wirkstoff der Kamille), Aloe vera.
  • Narben: Wunden und Nähte erzeugen individuell atrophe, hypertrophe, sklerotische oder fibröse Narben und Keloide. Narben benötigen zum Teil längere Nachbehandlungen in Form von medizinischen Peelings, Mikrodermabrasion oder Dermal Needling. Seitens der Korneotherapie bieten sich neben Massagen mit Ölen, die essenzielle Fettsäuren enthalten, und kosmetischen Peelings mit Reibekörpern und Fruchtsäuren vor allem die lokale Applikation von Vitamin A-Derivaten an. Ester des Vitamin A zeigen in Nanodispersionen schon bei niedriger Dosierung eine hohe Regenerationsleistung durch die in der Haut erfolgende enzymatische Bildung von Vitamin-A-Säure (vgl. Tretinoin).
    Die eingangs genannten regenerativen Stoffe wirken synergistisch. Koffein und Grüner Tee können helfen, die Mikrozirkulation anzuregen.
  • Pigmentstörungen: Sie kommen nach Operationen praktisch in allen Varianten vor. Etwa als Hypopigmentierungen von Narben, da sie kein Melanin enthalten, oder Hyperpigmentierungen nach Entzündungen8 oder Laserbehandlungen. Bei Hypopigmentierungen sind wiederum regenerative Wirkstoffe die erste Wahl, während bei Hyperpigmentierungen vorbeugend und nachsorgend Tyrosinasehemmer wie Vitamin-C-phosphat, antioxidative Polyphenole und Tranexamsäure eingesetzt werden. Die Wirkung der Tranexamsäure, die sich gleichzeitig durch eine Verminderung der Rötung durch oberflächennahe Blutgefäße auszeichnet, wird mit Niacinamid (Vitamin B3) verstärkt.9
  • Ödeme und Bindegewebsstörungen: Saponine aus Kigelia-, Mäusedorn-, Rosskastanie- und Schachtelhalm-Extrakten, stabilisieren oberflächliche Blutgefäße und straffen das Bindegewebe.

Dekorative Kosmetik

Kommt nach dem ästhetischen Eingriff im Gesichtsbereich das Thema Make-up oder Lippenstift wieder auf, muss man auch hier auf maximale Verträglichkeit hinsichtlich der Inhaltsstoffe sowie auf die Kompatibilität mit den darunter angewandten Basispräparaten achten. Denn die noch nicht abgeschlossene Regeneration darf nicht gestört werden.10
Camouflageartige Abdeckungen beispielsweise sollten auf öffentliche Auftritte der Betroffenen beschränkt werden. Denn sie wirken wie ein Pflaster, unter dem die Erneuerung der Hautbarriere mehr oder weniger zum Stillstand kommt. Technisch ist eine perfekte Camouflage ohne die Verwendung von okklusiven Paraffinen oder langkettigen Silikonen kaum zu realisieren, da die hohe Konzentration an Pigmenten stabilisiert werden muss. Vielfach kann aber alternativ bereits ein getönter Puder oder ein grüner Abdeckstift zur Milderung von durchscheinenden Rötungen eine große Hilfe sein.
Die heute in dekorativer Kosmetik verwendeten Pigmente sind im Gegensatz zu vergangenen Zeiten toxikologisch kein Problem, da es sich in der Regel um Eisenoxide, Titandioxid, Kaolin oder Glimmer handelt.

Fazit

Die dermatologische Hautpflege (Korneotherapie) kann - planvoll angewandt - ein wertvoller komplementärer Bestandteil ästhetischer Operationen sein und konventionelle topisch-pharmazeutische Präparate bei vergleichbarer Effizienz einsparen. Der Ablauf ist perfekt abgestimmt: Prävention, Therapie und Regeneration.

Literatur

  1. Lübbe J, Evidence-Based Corneotherapy, Dermatology 2000;200:285-286
  2. Tabata N, O'Goshi K, Zhen YX, Kligman AM, Tagami H, Biophysical assessment of persistent effects of moisturizers after their daily Applications: Evaluation of Corneotherapy, Dermatology 2000;200:308-313
  3. Suvorova K, Korneotherapie der Hautkrankheiten, die von der Störung der Epidermis begleitet werden (in Russisch), Les Nouvelles Esthétiques (Russische Version) 2004;4:28
  4. Lautenschläger H, Synergien nutzen - Wie Wirkstoffe und Cremebasen Kosmetik und Pharmazie verbinden, Kosmetische Praxis 2010;3:10-12
  5. Kresken J, Icke K, Herstellung von Hautcremes in der Apotheke - Die Apothekenbetriebsordnung ist nicht immer als Rechtsgrundlage maßgeblich, DermoTopics 2013 (1)
  6. Apothekenbetriebsordnung, Pharmazeutische Zeitung 2012;12;Supplement:1-54
  7. Lautenschläger H, Biodegradable lamellar systems in skin care, skin protection and dermatology, SOFW-Journal 2013;139 (8):2-8
  8. Lautenschläger H, Haut ohne Makel - Wirkstoffe und Wirkstoffsysteme, medical Beauty Forum 2014;5:32-35
  9. Lee do H, Oh IY, Koo KT, Suk JM, Jung SW, Park JO, Kim BJ, Choi YM, Reduction in facial hyperpigmentation after treatment with a combination of topical niacinamide and tranexamic acid: a randomized, double-blind, vehicle-controlled trial, Skin Res Technol. 2014;20(2):208-12
  10. Lautenschläger H, Dermopharmazie - Dekorative Kosmetik für die Problemhaut, Pharmazeutische Zeitung 2008;8:28-30

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
medical Beauty Forum
2015 (1), 34-37

 
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