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Sonnenschutz - was UV-Filter leisten

 

Wird die Haut der prallen Sonne ausgesetzt, reicht der Eigenschutz nicht mehr aus. Um sie vor den negativen Einflüssen der UV-Strahlung zu schützen, sind Sonnenschutzcremes unabdingbar. Wie funktionieren die darin enthaltenen UV-Filter und was können sie maximal leisten?

 

Bestandteile der Nukleinsäuren (DNA) ermöglichten den ersten Organismen auf der Erde, sich gegen die UV-Sonnenstrahlung zu schützen. Neben dem Melanin und der Behaarung bilden sie auch für den Menschen den wichtigsten natürlichen Schutz gegen UV-Strahlung. Sonnenschutzcremes ergänzen den Schutz.
Das Sonnenlicht enthält bezogen auf seine Gesamtenergie etwa 5% ultraviolette Strahlung (UV). Diese hat eine besonders hohe Energie und ist in der Lage, die chemischen Bindungen in organischen Stoffen zu spalten. In der Folge entstehen Zersetzungsprodukte und freie Radikale, die u. a. eine vorzeitige Hautalterung bedingen. Durch die angeborenen Schutzmechanismen hat jeder Mensch abhängig vom Hauttyp eine individuelle Eigenschutzzeit. Darunter versteht man den Zeitraum, den man mit ungebräunter Haut in der Sonne zubringen kann, ohne dass ein Erythem (Sonnenbrand) entsteht. Die Eigenschutzzeit kann man abschätzen oder mithilfe einer künstlichen Lichtquelle bestimmen.

Internationale Standards

Leider berücksichtigt die Eigenschutzzeit im Wesentlichen nur den individuellen Schutzfaktor gegen die UVB-Strahlung. Das Spektrum des UV-Anteils des Sonnenlichts enthält aber weitere Wellenlängenbereiche mit unterschiedlichen Auswirkungen:

  • UVA-Strahlung (320-400 nm) macht etwa 90% der UV-Strahlung aus. Sie dringt bis zur Dermis (Lederhaut) vor, erzeugt Radikale und schädigt die Kollagenstrukturen. Die Hautalterung wird beschleunigt. Das Erythemrisiko ist gering, es besteht jedoch ein ernstzunehmendes Risiko für spezielle Hautkrebsformen infolge der DNA-Schäden.
  • UVB-Strahlung (280-320 nm) macht etwa 10% der UV-Strahlung aus, gelangt in die Epidermis (Oberhaut) und ist für den Sonnenbrand (Erythem) und die Erhöhung des Hautkrebsrisikos verantwortlich. UVB induziert aber auch die Bildung von Melanin und damit eine Erhöhung der Eigenschutzzeit. Geringe Dosen UVB sind wegen der Bildung von Vitamin D3 (Cholecalciferol) sogar für die Gesundheit förderlich.
  • UVC-Strahlung (100-280 nm) ist auch im Sonnenlicht enthalten, wird aber bereits in der oberen Atmosphäre absorbiert.

Bei Sonnenschutzpräparaten gilt es daher, die beiden relevanten Wellenbereiche UVA und UVB zu berücksichtigen. Die aktuelle Empfehlung der EU-Kommission sieht vor, dass der UVA-Schutzfaktor mindestens ein Drittel des UVB-Schutzfaktors (= Lichtschutzfaktor = LSF; englisch: SPF) betragen soll. Dies impliziert ein proportionales Ansteigen des UVA-Schutzfaktors mit dem UVB-Faktor. Im Gegensatz dazu wurde bisher gerne der australische Standard favorisiert, nach dem ein ausreichender UVA-Schutz dann gewährleistet ist und ausgelobt werden darf, wenn vom entsprechenden Präparat unter Laborbedingungen maximal 10% der UVA-Strahlung durchgelassen wird. Der australische Standard ist also unabhängig vom angegebenen UVB-Faktor. Der UVA-Schutz wird nach der In-vivo PPD-Methode (PPD = Persistent Pigment Darkening) oder einer korrelierenden In-vitro-Messung der COLIPA (European Cosmetics Association) gemessen. Präparate, die der EU-Empfehlung entsprechen, können mit einem "UVA"-Symbol gekennzeichnet werden.

UVA-Symbol

Bild: UVA-Symbol

Die Angabe der kritischen Wellenlänge ist ein Qualitätsmerkmal und erlaubt eine Aussage über die Bandbreite des UVA-Filters im langwelligen Bereich. Die kritische Wellenlänge informiert über die langwelligste UVA-Absorption eines 90%igen Absorptionsintegrals von 290 bis 400 nm. Die EU-Kommission empfiehlt eine kritische Wellenlänge von mindestens 370 nm.

So wirken UV-Filter

Lichtschutzfilter können auf unterschiedliche Weise wirken. Mineralische Filter streuen und reflektieren das Licht. Dies trifft auch für Make-up-Pigmente zu, die allerdings nur einen geringen Lichtschutzfaktor aufweisen. Mineralische Filter wie Zinkoxid und Titandioxid verbleiben auf der Hautoberfläche. Sie eignen sich insbesondere für Kleinkinder und kranke (durchlässige) Haut. In den letzten Jahren haben sich mineralische Filter in nanopartikulärer Form durchgesetzt, die wie die chemischen Filter das UV-Licht im Wesentlichen absorbieren und in Wärme umwandeln. Während mineralische Nanopartikel nicht in die Haut eindringen, ergeben sich bei chemischen Filtern, die aus organischen Stoffen bestehen, je nach Struktur beachtliche Penetrationsraten, die auch zu Reizungen oder allergischen Nebenwirkungen führen können. Daher werden für Kleinkinder mineralische Filter empfohlen.
Interessant ist die reale Effektivität einzelner Filter: Wenn ein Filtermolekül die Energie des UV-Lichts in Form von Photonen aufnimmt, wird es in einen angeregten Zustand versetzt, der möglichst kurzlebig sein sollte. Andernfalls wächst die Wahrscheinlichkeit, dass statt Wärme freie Radikale entstehen. Während die natürlichen Filter Melanin und DNA diesbezüglich mit einer praktisch 100%igen Quantenausbeute die Strahlung in Wärme umwandeln, sind chemische Filter weit weniger effektiv. Bei Octyl Methoxycinnamate (4-Methoxyzimtsäure-2-ethylhexylester) beträgt die Quantenausbeute noch 80%, bei anderen manchmal unter 50%. Die im ungünstigen Fall entstehenden Radikale müssen durch zusätzliche Antioxidanzien unschädlich gemacht werden. Bei Benzophenonen kann es sogar zu Photosensibilisierungen kommen. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis wichtig, dass Proteine und die daraus resultierenden Aminosäuren des NMF die wichtigsten natürlichen Radikalfänger sind. Der Erhalt des NMF hat daher auch beim Sonnenschutz oberste Priorität.

Lichtschutz hat auch Grenzen

Mit der Konzentration der UVB-Filter in der Sonnenschutzcreme steigt der LSF. Dieser gibt mit der Eigenschutzzeit multipliziert den maximal möglichen Aufenthalt in der Sonne an, ohne dass ein Erythem entsteht: Eigenschutzzeit x LSF = maximale Zeit an der Sonne.

Ein Problem bei der Entwicklung von Sonnenschutzcremes besteht in der genauen Definition des LSF:

 

 LSF (SPF) =

Minimale Erythemdosis (MED) der geschützten Haut
-----------------------------------------------------------------------------------
Minimale Erythemdosis (MED) der ungeschützten Haut

Da es sich um Strahlendosen handelt, die über individuelle Zeiträume appliziert werden, lässt sich der LSF eines Präparates nur experimentell mit Hilfe von freiwilligen Probanden ermitteln. Die Entwicklung von Sonnenschutzpräparaten wird dadurch sehr teuer, denn es lassen sich die Konzentrationen der benötigten Filter bei einem geplanten LSF nicht im Vorhinein genau kalkulieren.
Ein Präparat mit LSF 30 erlaubt eine doppelt so lange Strahlenbelastung wie eines mit LSF 15. Der Schutz beträgt bei LSF 15 bereits 93,3% und steigt bei LSF 30 lediglich um 3,4 Prozentpunkte auf 96,7%. Die prozentualen Angaben basieren immer auf den einwirkenden Strahlendosen, nicht aber auf deren Absorption oder Transmission. Sie zeigen deutlich, dass hohe Lichtschutzfaktoren nur mit überproportional viel Chemie zu erreichen sind. Einen 100%igen Schutz gibt es nicht; daher wird von der EU auch die Bezeichnung "Sunblocker" abgelehnt. Die Realisierung eines hohen LSF mit mineralischen Filtern oder Naturkosmetik ist praktisch unmöglich. Daher sollte ein hoher LSF nur dann verwendet werden, wenn er wirklich notwendig ist. Eine schützende Kopfbedeckung und geeignete Kleidung sind auf längere Sicht die bessere Alternative. Die EU-Kommission klassifiziert Sonnenschutzpräparate wie folgt:

 Lichtschutzfaktor (LSF)  Schutz in [%]  Produktkategorie
 6  83,3  Basis
 10  90  Basis
 15  93,3  mittel
 20  95  mittel
 25  96  mittel
 30  96,7  hoch
 50  98  hoch
 50+    sehr hoch

Die oben genannte Eigenschutzzeit ist leider individuell nicht konstant. Sie hängt vielmehr von der Tages- und der Jahreszeit, der geographischen Breite sowie von der Höhe über dem Meeresspiegel ab. Die Gefahr eines Sonnenschadens ist daher mittags, im Sommer, in Äquatornähe und auf hohen Bergen besonders groß. Hinzu kommen lokale Faktoren wie reine Luft (Schmutz absorbiert UV-Licht) und die zusätzliche Mehrbelastung durch Reflexionen an der Küste (Wasser, Sand) und im Gebirge (Schnee reflektiert bis zu 85% der Strahlung). Tückisch kann die Strahlung auch bei diffuser Beleuchtung (leichte Bewölkung, geringer Nebel) sein, da die Streustrahlung von allen Seiten kommt.
Eine gewisse Orientierung gibt der UV-Index (UVI), der unter anderem vom Bundesamt für Strahlenschutz im Internet für Orte auf der ganzen Welt in Abhängigkeit zur Jahreszeit publiziert wird. Der UVI wird mittels einer komplizierten Formel gemessen und berechnet. Er liegt in Deutschland im Winter bei 0, im Sommer bei maximal 8 und am Äquator und höchstem Sonnenstand bei bis zu 13 (z. B. Singapur, Meereshöhe).
Eine Daumenregel besagt, dass der LSF mindestens dem doppelten UVI, bei Kleinkindern dem vierfachen UVI entsprechen sollte. Die letztere Empfehlung ist eigentlich unsinnig, da gerade Kleinkinder nie der direkten Strahlung ausgesetzt sein dürfen. Dies gilt sinngemäß auch für den keltischen Hauttyp, bei dem die Eigenschutzzeit in unseren Breiten nur 5-10 Minuten beträgt (mediterraner Hauttyp zum Vergleich: 30-45 min). Die Eigenschutzzeit verlängert sich naturgemäß mit zunehmender Melaninbildung. Die alte Erfahrung, die Sonnenbestrahlung mit kleiner Dosierung zu beginnen und dann langsam zu steigern, ist also nach wie vor gültig.

Dosierung & Nebenwirkungen

Damit man den Lichtschutzfaktor auch erreicht, muss das Sonnenschutzprodukt in ausreichender Menge auf die Haut aufgetragen werden; definitionsgemäß nach COLIPA entspricht dies 2 mg/cm2 Haut. Dies wiederum bedeutet: Für den Körper eines durchschnittlichen Erwachsenen werden sechs Teelöffel des Schutzpräparates (etwa 36 Gramm) benötigt.
Nicht definiert ist die Wasserfestigkeit. Es gibt zwar Empfehlungen, die sich aber hinsichtlich der Anwendung der Präparate schnell relativieren. Hier sollte man sich selbst ein Bild anhand der INCI des Produkts und des Einzugsverhaltens machen. Eine hydrophobe Ausstattung durch Fettstoffe, W/O-Emulsionen und die Kombination mit Oleogelen (Lipogele) sind gute Voraussetzungen. Bei längerem Aufenthalt im Wasser oder sportlichen Aktivitäten ist ein Nachcremen unerlässlich.
Die oben angesprochene chemische Stabilität der Filter gegenüber der Strahlung ist ein wichtiges Thema bei der Formulierung von Sonnenschutzpräparaten. Dabei spielt die Kombination mit Hilfsstoffen wie Emulgatoren, Konservierungsstoffen und Duftstoffen eine Rolle. Denn diese können durch die Bildung von Peroxiden und durch Photosensibilisierung Instabilitäten und unerwünschte dermatologische Nebenwirkungen erzeugen. Nebenwirkungen in Form östrogenartiger systemischer Effekte wurden in der Vergangenheit bei Zimtsäureestern aufgrund von Tierversuchen vermutet; sie ließen sich jedoch in der Praxis nicht nachvollziehen. Die körpereigene Urocaninsäure, die unter anderem im Schweiß nachweisbar ist und UVA-Strahlung absorbiert, ist in Sonnenschutzpräparaten verboten. Denn durch die Aufnahme der Strahlungsenergie erfolgt eine Umwandlung von der trans- in die cis-Urocaninsäure, die immunsuppressiv wirkt.

Warnhinweise

Sonnenschutzpräparate schützen zwar bestenfalls vor Hautkrebs und UV-bedingter vorzeitiger Hautalterung, jedoch nicht vor der Infrarotstrahlung (IR). Das IR-Licht - synonym mit der Wärmestrahlung - führt zu einer hohen thermischen Belastung der Haut. Dabei erleiden hautoberflächennahe Proteine Schäden und denaturieren. Die Haut wird enorm gestresst und altert auch ohne UV-Einwirkung. Die EU-Kommission verlangt daher mittlerweile einen entsprechenden Warnhinweis auf den Präparaten, der sinngemäß etwa so aussehen kann: "Da die Wärmestrahlung der Sonne (Infrarot) die Haut stark belastet, sollte die Haut trotz Sonnenschutz der Sonne nur maßvoll ausgesetzt werden. Exzessive Sonnenexposition stellt ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko dar. Insbesondere Säuglinge und Kleinkinder dürfen nicht dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt sein."

Begleitend sind wirksam...

Interessant sind Entwicklungen, die neben den klassischen Filtern die Elimination von Nebenwirkungen des Sonnenlichts zum Ziel haben. Sie inhibieren den Abbau von Kollagen und Elastin oder stimulieren deren Neubildung. Nanopartikuläres Weihrauchharz hemmt z. B. die kollagenabbauenden Metalloproteinasen. Es kann sogar bei sonnenbedingter aktinischer Keratose erfolgreich zur Hautpflege eingesetzt werden. Liposomale Vitamin C-Derivate fördern die Kollagen-Neubildung und reagieren mit freien Radikalen. Präparate mit dem Polysaccharid CM-Glucan schützen die DNA und verzögern die Bildung von Erythemen. Zu den mineralischen Filtern ist noch hinzuzufügen, dass farbloses nanopartikuläres Titandioxid wesentlich besser akzeptiert wird als die größeren weißen Partikel. Eingebunden in die Creme-Matrix geht von diesen Teilchen keinerlei Gefahr aus.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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veröffentlicht in
Kosmetische Praxis
2010 (2), 10-13

 
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